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Kölner Stadt-Anzeiger vom 4. Februar 2016, Autor: Waldschmidt

Alter Plan findet neue Freunde

Bezirksvertreter und Unternehmen plädieren für den Ausbau der Linie 12

"Eine Verlängerung der Line 12? Das wäre supertoll! Dann brauchte ich statt dreimal nur noch einmal umsteigen.“ Aymen (33) arbeitet bei einer Softwarefirma im Feldkasseler Gewerbegebiet, er wohnt in Junkersdorf. Jeden Morgen macht er eine ausgedehnte Kaffeepause am Rudolfplatz, nur um nicht in Merkenich über Gebühr lange herumzustehen, bis der Bus 121 kommt. Der fährt alle 20 Minuten. Eine Verlängerung der Linie 12 bis nach Feldkassel ist allerdings Zukunftsmusik - noch.

Wer weiß, vielleicht könnte es am Ende doch auf das Ossendorfer Modell hinauslaufen: Um eine Verlängerung der Straßenbahnlinie 5 ins Ossendorfer Gewerbegebiet durchzusetzen, schlossen such 2007 die dort ansässigen Firmen zusammen und sammelten fünf Millionen Euro innerhalb von drei Jahren. Die Stadt und die KVB sahen sich daraufhin genötigt, ihrerseits 13 Millionen Euro zu bewilligen. Ende 2010 war es so weit: Drei neue Haltestellen wurden eröffnet, seitdem kann man mit der Linie 5 fast bis hoch zum Militärring fahren.

Ein Verfahren, das für das Gewerbegebiet in Feldkassel durchaus Signalwirkung haben könnte, meint Alexander Nottebrock. Im Amt für Wirtschaftsförderung ist er zuständig für den Stadtbezirk Chorweiler und daher ständig in Verhandlung mit Firmen, die sich in Feldkassel ansiedeln wollen. Auch mit der Entwicklung des kürzlich neu ausgewiesenen Gewerbegebiets Langel, nordwestlich des Mohlenwegs, ist er befasst. Die mangelhafte Anbindung an den ÖPNV sei stets ein Thema, sagt Nottebrock. Und weil die Mehrzahl der im Gewerbegebiet Beschäftigten notgedrungen motorisiert ist, sei auch die Parkplatzsituation angespannt, individuelle Lösungen seien gefragt. Egetürk betreibt sogar ein eigenes Parkhaus mit rund 400 Plätzen, von denen auch eine Anzahl an Mitarbeiter anderer Firmen untervermietet ist. Die Idee, es könnte eine Straßenbahn entlang des Rheins hoch in den Norden fahren, ist alt, sehr alt: Sie stammt von Konrad Adenauer, der anlässlich der Eingemeindung von Worringen 1921 eine Bahnverbindung nach Köln zusicherte. Worringen ist mittlerweile mit S- Bahn und mehreren Buslinien einigermaßen gut versorgt. Abgeschnitten sind dagegen — neben den Industriegebieten — die Rheindörfer Langel, Rheinkassel und Kasselberg.

Daher ist die Verlängerung der 12 seit Jahren ein Dauerthema in der Bezirksvertretung Chorweiler. Der jüngste Antrag dazu wurde Ende Januar verabschiedet. Die CDU-Fraktion hatte ihn formuliert, verabschiedet wurde er einstimmig. Die Politiker favorisieren jetzt die kleine Lösung, wünschen nur noch eine Anbindung an das Feldkasseler Gewerbegebiet, mit dem Argument, die ÖPNV-Erschließung werde den Standort für Investoren attraktiver machen.

Der Schönheitsfehler: Der Antrag kommt zu spät. Im neuen Bedarfsplan der KVB, den die Stadt kürzlich beim Land NRW für eine öffentliche Förderung durch Landesmittel eingereicht hat, ist die Linie 12 mit keinem Wort erwähnt. Und damit sinkt die Chance einer Realisierung in den nächsten zehn, 15 Jahren deutlich. Die 12 sei des halb nicht in den Plan aufgenommen worden, weil das „Kundenpotenzial“ nach wie vor als zu gering erachtet werde, erklärt KVB-Sprecher Matthias Pesch.

„Das ist im Grunde die Geschichte von der Henne und dem Ei“, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Wilfried Neumann. „Solange die KVB kein Angebot macht, können die Leute es auch nicht in Anspruch nehmen.“ Dass der Antrag der Bezirksvertretung nur Symbolwirkung haben werde, sei klar gewesen. „Wir wollen trotzdem ein Zeichen setzen, wollen nicht darauf verzichten, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen.“ Vor allem Beschäftigte im Schichtdienst hätten Probleme, zur Arbeit zu kommen. Das bestätigt Stephan Merzbach, Personalleiter bei Egetürk: „Viele Mitarbeiter fahren zwar sowieso lieber mit dem Auto, um unabhängig zu sein.“ Ohne Fahrzeug aber seien sie gezwungen zu improvisieren, vor allem bei Dienstantritt in der Frühe. „Einige Mitarbeiter bilden dann Fahrgemeinschaften oder leihen sich schon mal das klapprige Auto ihres Onkels aus.“
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