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Kölner Stadt-Anzeiger vom 30. Dezember 2003, Autor: Beatrix Lampe; Fotos: Beatrix Lampe und Marco Blömer

Lauter gute Ratschläge von Landratten

Die "Romulus"-Besatzung wartet weiter auf Regen

Dumm gelaufen: Die Besatzung des auf Talfahrt am Kasselberg gestrandeten Tankers braucht nach dem Schaden für den Spott nicht zu sorgen.
Es geht um einen Meter, nicht um vier. Insofern ist die "Romulus" noch weit besser dran als das Frachtschiff "Nocht", das bei Wesel im Frühjahr 2002 auf Grund gelaufen war. Das geschah damals bei Hochwasser, und als die Flut sich zurückzog, thronte der Frachter auf einer Wiese vier Meter über dem Strom. Mit Seilwinden und einem provisorischen Damm zu Kosten von fast 100 000 Euro wurde das Schiff in Wesel erst nach mehr als einem Monat "Trockendock" befreit. An solche Rhein-Geschichten denkt der Kapitän der vor Kasselberg gestrandeten "Romulus" sicher nicht gern.

Klar, er ist irgendwie besser dran, denn noch vier Meter weiter fallen kann der Rheinpegel bei einem Stand von derzeit gut zwei Meter gar nicht. Statt des vertrauten Weihnachtshochwassers hat es dieses Mal ein Niedrigwasser gegeben. Und das geht vorbei, irgendwann wird das Schiff von selbst wieder freischwimmen. Aber wann? Die Frage drückt die Schiffsbesatzung und unterhält zahlreiche Landratten, die seit dem 1. Weihnachtstag den gestrandeten Tanker besucht haben. Sie fotografieren ihre Kinder vor dem Bug und fachsimpeln angeregt darüber, wie das Schiff flottgemacht werden könnte.

Der tschechische Kapitän des in Haren / Ems beheimateten Tankers freut sich nicht besonders über den Besuch der Landratten. Schon blöd, auf Talfahrt ausgerechnet am Kasselberg zu landen. Und jetzt in lauter erheiterte Gesichter von Spaziergängern zu blicken, die es auch nicht besser gekonnt hätten, jetzt aber gute Ratschläge absondern. Mit zwei weiteren Männern hält der Käpt'n Wache, beschäftigt sich und seine Leute mit Wartungsaufgaben und zuckt bei der Frage nach der Weiterfahrt missmutig die Achseln.

Anstelle des Kapitäns, der einfach in Ruhe gelassen werden will, beantworten andere die Frage nach den Aussichten für die Besatzung zu Silvester. "Kein guter Platz zum Feuerwerk-Gucken", urteilt ein Mann aus der Nachbarschaft. "Köln ist zu weit, selbst Leverkusen liegt hinter der Flussbiegung." Während der Kapitän sich wortkarg zurückzieht, fährt mit fröhlichem Tuten ein Frachter vorbei. In den Gesichtern der Männer auf Deck malt sich nicht gerade kollegiales Mitleid - wer den Schaden hat, braucht halt für den Spott nicht zu sorgen. Umso mehr hat ein anderes Besatzungsmitglied des aufgelaufenen Tankers das Bedürfnis, gestenreich zu erklären, wie es zum Landgang der "Romulus" kam. Er findet, das entgegenkommende Schiff sei zu nah gekommen und einfach weitergefahren.

Ja, weiterfahren. Wenn die "Romulus" das jetzt könnte. Die Aussichten sind aber trübe, weil die Wettervorhersagen zu gut sind. Für Wasser unterm Kiel ist Wasser von oben nötig - und viel Regen gibt's gerade nicht.

"Ein Meter mehr, sag ich. Mindestens", einigen sich zwei Hobby-Schifffahrtsexperten am Kasselberg durch Taxieren vom Schiffsrumpf zur Wasserlinie auf die Pegelhöhe, die es zum Freischwimmen braucht. Diese Einschätzung teilt die Wasserschutzpolizei. Derzeit sinkt der Pegel eher; zu Neujahr dürfte er mit 1,80 bis 2,10 Meter nur gut einen Meter über dem historischen Niedrigstand vom Sommer liegen.


Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.12.2003
Kölner Express vom 12.01.2004
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