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Kölner Stadt-Anzeiger vom 31. Oktober 2009, Autor: Stinauer / Bild: Auweiler

Taxi fährt mit Vollgas in den Rhein

Fahrgast leitet Fahrer direkt in den Rhein

Es ist stockfinster am Freitagmorgen gegen fünf Uhr, dichter Nebel liegt über dem Hitdorfer Fährweg, als Shoukat Chaudhry sein Taxi eine Straße hinunter geradewegs auf den Rhein zusteuert. „Ich will nach Hause, fahr, fahr“, drängt Fahrgast Wolfgang H. auf dem Beifahrersitz. Auf den 53-jährigen Chaudhry wirkt der Mann stark betrunken. Er war am Ehrenfelder Bahnhof zugestiegen und wollte nach Langel gebracht werden. Die halbe Fahrt hat er geschlafen, jetzt will er ins Bett. „Fahr weiter geradeaus!“ weist er Chaudhry an. Der fährt seit 15 Jahren Taxi, kennt sich aber in Langel nicht gut aus. Er vertraut den Angaben des 44-Jährigen. Die beiden Warnschilder vor der Rampe des Fähranlegers sieht Chaudhry nicht - und so schießt der Wagen Nummer 738 knapp 20 Meter in den Rhein.

Wasser dringt ein, der VW Touran sinkt bis zur Dachkante, Chaudhry denkt: „Das war's, jetzt muss ich sterben.“ Das Wasser steht den beiden Männern schon auf Kinnhöhe, die Türen lassen sich wegen des Wasserdrucks nicht öffnen, als Wolfgang H. Chaudhry plötzlich um den Hals fällt und ruft: „Jetzt sterben wir zusammen.“ Aber der Taxifahrer reißt sich los, er stößt seinen Hinterkopf mit aller Wucht gegen das Seitenfenster. Und tatsächlich: „In allerletzter Sekunde splitterte das Glas“, schildert Shoukat Chaudhry am Freitagmittag, sechs Stunden später. Durch das Fenster klettert der 53-Jährige aus dem Auto und zieht seinen Fahrgast mit. „Ich habe ihm gesagt, er soll sich an meiner Schulter festhalten, dann sind wir an Land geschwommen.“

Frierend laufen die Männer den Anlegesteg hoch und klingeln bei Anwohnern der Cohnenhofstraße. Die alarmieren die Polizei und den Rettungsdienst, der die leicht unterkühlten Männer ins Krankenhaus bringt. Währenddessen befestigten Polizeitaucher Seile an dem Taxi, ein Kran des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) hievt es an Land. Es ist kaum beschädigt. „Die Bergung kostet mehrere tausend Euro. Die stellen wir dem Taxifahrer in Rechnung“, kündigte Rolf Nagelschmidt vom WSA an. Taxiunternehmer Sebastian Schache dagegen ist seinem Fahrer nicht böse: „Er kriegt keine Probleme, er ist ein sehr defensiver Fahrer, ein ausgezeichneter Mann mit sanftem Gemüt. Ich bin eher erstaunt, dass es im Jahr 2009 möglich ist, dass ein Auto einfach so in den Rhein fahren kann.“ Womöglich waren die Warnschilder wegen des starken Nebels kaum sichtbar.

„Gott hat mir heute jemanden geschickt“, glaubt der vierfache indische Familienvater Chaudhry. „Alleine hätte ich die Kraft nicht aufgebracht.“ Ob er sich noch einmal in ein Taxi setzt, weiß er nicht. „Die nächsten Wochen jedenfalls nicht.“ Fahrgast Wolfgang H. war nach dem Unglück kurz angebunden, er müsse sich „erstmal sortieren“, sagte er.