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Kölner Wochenspiegel vom 1. August 2002, Foto und Autor: Machnik

Buchhalter mit Hang zur Historie

Schreiben, backen, Marmelade kochen - der 92jährige Peter Dürnbgen interessiert sich für vieles, auch für die Ortsgeschichte

Das ist schon eine rekordverdächtige Produktion: 311 Hefezöpfe, 357 Gläser Marmelade und 13.685 Stück Spekulatius. Das hat der 92-jährige Peter Dümbgen aus Rheinkassel im Jahr 2000 hergestellt. Warum er das mache? "Ich freue mich, wenn ich anderen eine Freude machen kann." Und so verteilt er die Früchte seiner Arbeit und seines 300 Quadratmeter großen Nutzgartens an seine Familie, an Nachbarn, Bekannte und alte Arbeitskollegen.
"Der Garten ist mein Erholungsgebiet trotz körperlicher Tätigkeit", sagt der ehemalige Buchhalter und blickt auf seine Aufzeichnungen, die akribisch jedes Pfund Stachelbeeren und jede geerntete Zucchini dokumentieren. "Ich kann nicht den ganzen Tag drinnen hocken." Obwohl er dort unermüdlich seiner anderen großen Leidenschaft nachgeht: dem Schreiben. Dann sitzt der in Merkenich geborene Sohn eines Fabrikarbeiters am Fenster vor seiner alten Continental-Schreibmaschine. Er berichtet über Erinnerungen an die Rheindörfer vom Anfang des letzten Jahrhunderts, Erlebnisse des Zweiten Weltkriegs, Familienchroniken, und seit 1997 schreibt er Jahresberichte für Sohn, Tochter und vier Enkelkinder.
Noch heute lebt er in dem Haus, das er 1938 mit seiner Frau gebaut hat. Sein Lebensprogramm lautet: Versuchen zufrieden zu sein, keine Langeweile aufkommen lassen und Anteil am Weltgeschehen nehmen. Vom Arbeitsamt über die Fernsehsender bis zur Bundesregierung reichen die Adressaten seiner Briefe. Meist landen persönliche Antwortschreiben in seinem Briefkasten. Diese Unterlagen werden dann genauso in einem Buch gebunden wie seine Familienchroniken.
"Auf die Idee, selber für die Nachkommen zu berichten, brachte mich der Merkenicher Geschichtsverein. Ich wurde als Zeitzeuge von früher befragt, und mein gutes Gedächtnis wurde anerkannt. Ich wurde ernst genommen." Das war 1994, nach dem Tod seiner Frau, die an Alzheimer erkrankt war. Zehn schwere Jahre lagen hinter ihm. Wieder begann ein neuer Lebensabschnitt.
"Ich war allein und oft einsam, konnte mir aber selbst Trost spenden und war dankbar, dass ich überhaupt noch da war." Das brachte den gläubigen Christen dazu, anderen zu helfen, besonders auch alten Menschen. "Meine Tochter veranstaltet in der Pfarrgemeinde Rondorf Seniorennachmittage und ich liefere das Gebäck für den Kaffeetisch." Aber auch mit geistiger Nahrung ist der rüstige Rentner behilflich.
Was er sich für die Zukunft wünsche? "Dass ich gesund bleibe, und ich danke dem Herrgott für jeden Tag, den ich erleben darf und freue ich, wenn ich Gutes tun kann." Sein Leitspruch, den er auch anderen alten Menschen mit auf den Weg geben möchte, lautet deshalb: Plane und arbeite, als ob du ewig hier bleibst, sei aber bereit, jederzeit zu gehen.